Steuerinstrumente für eine Verkehrswende: Beispiele aus EU-Ländern

Verschiedene Beispiele aus anderen europäischen Staaten zeigen, wie mit den richtigen Steuerinstrumenten die Verkehrswende vorangebracht werden kann. 

Zulassungsteuer in den Niederlanden

Wer in den Niederlanden ein Auto besitzt, muss tief in die Tasche greifen. Besonders Fahrer:innen von Fahrzeugen mit hohem CO2-Ausstoß müssen im Vergleich zu Deutschland deutlich höhere Steuern zahlen. So hat in den Niederlanden jedes Gramm CO2, das ein Auto ausstößt, seinen Preis. 

Möchten Autofahrer:innen in den Niederlanden ein neues Fahrzeug anmelden, werden für sie zwei verschiedene Steuern fällig: die jährliche Kfz-Steuer und eine sogenannte Zulassungssteuer, die abhängig vom CO2-Ausstoß ist.

Die Kfz-Steuer hängt von Art, Gewicht und Antrieb des Fahrzeugs ab und liegt ein Vielfaches höher als in Deutschland – für einen Mittelklassewagen mit Verbrennungsmotor liegen die Kosten zwischen 600 und 1000 Euro. Die CO2-abhängige Zulassungssteuer dagegen fällt nur einmal bei der Anmeldung des Fahrzeugs an, kann allerdings den Besitz eines Autos sehr teuer machen: So kostet ein SUV mit Emissionen von 180 g CO2/km etwa 27.000 Euro an Zulassungssteuer, ein Mittelklasse-Benziner mit 110 g CO2/km noch etwa 4000 Euro. Elektroautos und Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb sind von der Zulassungssteuer ausgenommen. 

Diese beiden Steuerinstrumente haben unterschiedliche Ziele. Während die jährliche Kfz-Steuer konstante und vorhersehbare Einnahmen für den niederländischen Staat bedeuten, macht die CO2-abhängige Zulassungssteuer emissionsarme und emissionsfreie Fahrzeuge finanziell deutlich attraktiver als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Sie hat damit vor allem eine Lenkungswirkung hin zu einer klimafreundlicheren Mobilität. Statistiken belegen, dass diese Rechnung für die Niederlande aufgeht: Der durchschnittliche CO2-Ausstoß von neu zugelassenen Fahrzeugen lag 2019 in den Niederlanden bei 98,4 g/km, in Deutschland lag er dagegen bei 131,2 g/km.

Zudem passen die Niederlande Steuersätze und Bedingungen immer wieder an. Ein wesentlicher Unterschied zur starren, deutschen Kfz-Steuer. Beispielsweise waren in den Niederlanden zunächst nicht nur Elektroautos, sondern auch Plug-In-Hybride von der Zulassungsteuer befreit. Das führte dazu, dass besonders viele Hybridfahrzeuge als Dienstwagen angemeldet wurden. Es stellte sich jedoch heraus, dass Hybrid-Fahrzeuge weniger klimafreundlich sind als vollelektrische Fahrzeuge, da sie nur dann Emissionen vermeiden, wenn Fahrer:innen sie konsequent elektrisch fahren. Daher müssen seit 2017 auch Käufer:innen von Plug-In-Hybriden eine Zulassungssteuer von 25 bis 83 Euro pro g CO2/km zahlen. Außerdem erhebt der niederländische Staat seit 2020 bei jedem neu zugelassenen Auto einen Zuschlag von 366 Euro pro g CO2/km, bei Dieselfahrzeugen sind es weitere 78 Euro pro g CO2/km. Auch hier bilden emissionsfreie Elektroautos die einzige Ausnahme von diesem Zuschlag. 

Die Politik der nach CO2-ausgerichteten Steuern zeigt Wirkung: Bereits 2020 war mehr als jedes fünfte neu zugelassene Fahrzeug in den Niederlanden ein vollelektrisches Auto.

Teurer Dienstwagen in den Niederlanden

Auch beim Thema Dienstwagen setzt die Niederlande auf Steuerinstrumente, um eine Lenkungswirkung hin zu einer klimafreundlicheren Mobilität zu erzielen.

Beim Dienstwagen gilt in den Niederlanden wie in Deutschland: Wer einen Dienstwagen privat nutzt, hat damit einen erheblichen geldwerten Vorteil. Auf diesen Vorteil müssen Arbeitnehmende gerechterweise Steuern zahlen. Doch während in Deutschland der Steuersatz – bezogen auf den Listenpreis eines Fahrzeugs –  bei lediglich einem Prozent pro Monat bzw. 12 Prozent pro Jahr liegt und damit die private Nutzung von Dienstwagen für viele attraktiv macht, wird die private Nutzung des Firmenwagens in den Niederlanden deutlich höher besteuert. In den Niederlanden liegt der Steuersatz fast doppelt so hoch – bei 22 Prozent des Fahrzeug-Listenpreises pro Jahr bzw. bei 1,83 Prozent pro Monat. Das macht den Firmenwagen in den Niederlanden erheblich teurer. Nur wer nachweislich weniger als 500 km pro Jahr mit dem Dienstwagen privat unterwegs ist, kann sich von der Steuer befreien lassen.

Auch emissionsfreie Elektroautos oder Brennstoffzellenfahrzeuge werden in den Niederlanden mit 0,67 Prozent pro Monat bzw. 8 Prozent pro Jahr deutlich höher besteuert als in Deutschland. Deutschland besteuert E-Autos nur mit 0,25 Prozent.

Zudem hat der Steuervorteil für Elektroautos in den Niederlanden Grenzen. Die geringere Besteuerung galt seit 2019 nur bis zu einem bestimmten Bruttolistenpreis, darüber fielen die regulären 22 Prozent an und der Steuervorteil für Dienstwagen mit Elektromotor wurde kontinuierlich in mehreren Stufen abgesetzt. Seit Januar 2021 liegt der jährliche Steuersatz bei 12 Prozent und gilt nur noch für Modelle bis 40.000 Euro. Ab 2026 gilt auch für Elektroautos der reguläre Steuersatz von 22 Prozent.

Bonus und Malus in Frankreich

Neben den Niederlanden hat auch Frankreich ein Steuermodell eingeführt, welches CO2-intensive Fahrzeuge konsequent höher besteuert. Bereits seit 2007 existiert in Frankreich ein sogenanntes Bonus-Malus-System. Damit reagierte Frankreich als eines der ersten Länder in der EU auf die Einführung von europaweiten Flottengrenzwerten. Zudem wird bei der Zulassung eine motorleistungsabhängigen Registrierungsgebühr fällig.

Wer in Frankreich ein Fahrzeug anmeldet, das einen bestimmten CO2-Emissionswert überschreitet, muss einmalig einen Zuschlag – den Malus – zahlen. Wer hingegen ein besonders emissionsarmes Auto anmeldet, bekommt vom Staat einen Bonus ausgezahlt. Der durchschnittliche CO2-Ausstoß von Neufahrzeugen lag 2019 in Frankreich dank dieses Instruments mit 113,7 g/km deutlich niedriger als in Deutschland mit 131,2 g/km.

Das Prinzip sah ursprünglich vor, dass der Malus die Prämien finanziert und sich das System somit selbst trägt. Frankreich musste das Bonus-Malus-System jedoch anpassen, da die Kaufprämien die französischen Steuerzahler:innen in den ersten Jahren 200 bis 300 Mio. Euro jährlich zusätzlich kostete.

Im Jahr 2020 hat Frankreich die Grundlage für die Berechnung maßgeblich modifiziert. Seit März 2020 sind für die Berechnung des Malus bei der Zulassung die CO2-Emissionen des Fahrzeugs nach dem neueren Testverfahren WLTP ausschlaggebend. WLTP erfasst die Emissionen eines Fahrzeuges realistischer und weist daher höhere Werte aus. Seit 2021 muss ab dem Grenzwert von 133 g CO2/km ein Malus für jedes weitere Gramm gezahlt werden. Zwischen den CO2-Werten 133 g/km und 219 g/km erhöht sich der gesamte Malus dadurch von 50 Euro auf maximal 30.000 Euro an. Auch der Bonus wurde entsprechend verändert. Die Prämie von 6.000 Euro, die vorher für alle Elektroautos und Hybride mit Emissionen unter 20 g CO2/km ausgezahlt wurde, erhielten ab 2020 in ihrer gesamten Höhe nur noch Privathaushalte und auch nur bis zu einem Listenpreis unter 45.000 Euro.

Allerdings zeigt sich, dass beim bestehenden Bonus-Malus-Modell die Lenkungswirkung hin zu emissionsfreien Elektroautos eher gering ist, da die Schwellenwerte 110 g CO2/km nach dem alten Messverfahren NEFZ und 133 g CO2/km nach dem aktuellen WLTP-Verfahren recht hoch angesetzt sind. Das führt dazu, dass der Malus erst recht spät greift und einen signifikanten Anteil der in Frankreich neu zugelassenen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor nicht erfasst.

Gesetzliches Mobilitätsbudget in Belgien

Neben einer höheren Besteuerung von privaten Fahrzeugen und Dienstwagen können auch Alternativen wie ein Mobilitätsbudget vom Staat gefördert werden. Am weitesten beim Thema Mobilitätsbudget ist Belgien. Dort ist das Mobilitätsbudget seit 2019 gesetzlich fest verankert. Eine Überarbeitung des Gesetzes wurde 2022 implementiert. Eines der Ziele dieser Maßnahme ist es, Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu ermutigen, nachhaltige Mobilität statt der in Belgien weit verbreiteten Firmenwagen zu nutzen.

In Belgien können Arbeitnehmende ein Mobilitätsbudget erhalten, wenn sie einen Dienstwagen besitzen oder für einen solchen in Frage kommen. Sind Arbeitnehmende nicht dienstwagenberechtigt, können sie vom gesetzlichen Mobilitätsbudget nicht Gebrauch machen. Für das Mobilitätsbudget sieht der belgische Staat Steuererleichterungen vor.

Für den Arbeitgeber ist das gesetzliche Mobilitätsbudget steuer-, aber nicht sozialversicherungsbeitragsfrei. Er muss ein Mobilitätsbudget in Höhe von mindestens 3.000 Euro pro Jahr bereitstellen. Maximal ist ein Fünftel des Bruttogehalts bzw. 16.000 Euro pro Jahr möglich. Arbeitnehmende können ihren Dienstwagen gegen ein Mobilitätsbudget eintauschen, welches sie steuerfrei für alternative Mobilitätsoptionen verwenden können.

Das belgische Modell sieht für das Mobilitätsbudget drei Säulen vor: In der ersten Säule können Beschäftigte statt ihres aktuellen Dienstwagens ein umweltfreundlicheres Fahrzeug wählen. In der zweiten Säule wird der nicht von einem neuen, umweltfreundlicheren Dienstwagen beanspruchte Teil des Budgets im Sinne eines klassischen Mobilitätsbudgets für Kauf, Miete oder Leasing eines Fahrrads, E-Bikes, Mopeds oder E-Motorrads genutzt. Zudem sind der Erwerb von ÖPNV-Tickets und -Zeitkarten (Arbeitsweg und private Fahrten) sowie die Deckung der Kosten für Fahrgemeinschaften, Carsharing-Lösungen, Taxidienste und Autovermietung möglich.

Eine Besonderheit des belgischen Konzepts: Wohnkosten, das heißt Miete und Hypothekenzinsen, für eine Wohnung in einem Umkreis von 10 Kilometern um den Arbeitsort können ebenfalls mit dem Budget abgedeckt werden. Damit sollen kurze Arbeitswege gefördert werden, um emissionsintensiven Pendelverkehr zu vermeiden.

Über die dritte Säule werden ungenutzte Beträge am Jahresende steuergünstig an die Arbeitnehmenden ausgezahlt.

Referenzen

Umweltbundesamt (2021): Mobilität neu steuern

Stefan Wendering
Stefan ist Freelance Autor und Redakteur bei NAVIT. Zuvor arbeitete er bereits für Start-ups und im Mobilitätskosmos. Er ist ein Experte für urbane und nachhaltige Mobilität, Mitarbeiter-Benefits und New Work. Neben Blog-Inhalten erstellt er auch Marketingmaterialien, Taglines & Content für Websites und Fallstudien.